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Der „Wilde Markgraf“ und die Familie von Falkenhausen

 

Nachdem im Jahr 1749 die Familie von Zocha im Mannesstamm erloschen war, fiel das Lehensgut Wald an das Haus Brandenburg-Ansbach zurück. Dies kam dem Markgrafen Carl Wilhelm Friedrich gerade recht, um es zur standesgemäßen Versorgung seiner natürlich geborenen Kinder zu verwenden.

Wer war dieser sogenannte Wilde Markgraf und in welcher Beziehung steht er zu Wald? Er wurde am 12. Mai 1712 als Sohn des Markgrafen Wilhelm Friedrich und seiner Gemahlin Christiane Charlotte, einer geborenen Herzogin von Württemberg, geboren. In ländlicher Abgeschiedenheit wurde er in dem stillen Waldschloss Bruckberg bei Ansbach erzogen. Er wuchs so als ein echtes Naturkind heran. Im Alter von 17 Jahren wurde er mit der erst fünfzehnjährigen preußischen Prinzessin Friederike Louise, einer Schwester Friedrichs des Großen, verheiratet. Die Heirat entsprang staatspolitischen Überlegungen und verlief nur in den ersten Jahren glücklich. Die preußische Königs-tochter fühlte sich in Ansbach nicht wohl und sah hochmütig auf ihren Gemahl, den kleinen Reichsfürsten, herab. Zudem kränkelte sie ständig. Der Markgraf wird von Zeitgenossen als von edler Gestalt geschildert, die sein herrisches Auftreten noch betonte. „In einem von starkem Blutdrang meist hochroten Gesicht standen zwei hellblaue Augen und ein trotziger Mund verhieß Leidenschaft und sinnliches Begehren.“

Auch die Geburt des Erbprinzen Alexander konnte die zunehmende Entfremdung des Paares nicht mehr aufhalten. Da begegnete der Markgraf einem einfachen Mädchen aus dem Volk, blond, von großer Schönheit und von sanftem Wesen. Es war die Falknerstochter Elisabeth Winkler, auch Wünsch genannt. Zu ihr fasste er eine echte Herzensneigung. Inmitten seines Lieblingsjagdreviers schenkte er seiner Geliebten das heute nicht mehr stehende Jagdschlösschen Georgental und ging mit ihr 1734 eine zweite Ehe ein, bezeichnenderweise unter dem Namen eines Unteroffiziers Falk. Die Falkenjagd war des Markgrafen größte Passion. Er unterhielt ein Falkenkorps von 51 Personen, vom Obristfalkenmeister über die Falkenmaler bis zum Falkenjungen. Er ließ die sogenannten Falkentaler prägen und stattete sein Jagdschlösschen in Gunzenhausen mit Falkenkacheln der Crailsheimer Manufaktur aus. Darüber hinaus ließ er das Falkenbuch des Stauferkaisers Friedrich II. durch den Rektor der Gunzenhäuser Lateinschule, Johann Erhard Pacius, ins Deutsche übersetzen. „Neben den Kaisern Joseph I. und Karl VI. und dem Kurfürsten Clemens August, Erzbischof von Köln, ist es vor allem der ansbachische Hof unter Markgraf Carl Wilhelm Friedrich gewesen, der die Falknerei zu einem ihrer glanzvollsten Höhepunkte in Deutschland führte.“

Seine zweite Ehefrau schenkte ihm im Lauf der Jahre vier Kinder, zwei Buben und zwei Mädchen. Auf Wunsch des Markgrafen wurden sie durch Kaiser Franz I. in den Freiherrnstand erhoben und ihnen ein mit der Falknerei in Verbindung stehender Name erteilt, von Falkenhausen. „Ebenso ist in den genannten Akten angegeben, dass Markgraf Carl Wilhelm Friedrich, der Stifter der Freiherrlich von Falkenhausenschen Familie, derselben durch Dekret vom 24. Dezember 1751 (der Lehenbrief ist auf das Jahr 1752 datiert) das Besitztum Wald in der Eigenschaft eines Kunkellehens verliehen habe. Unter Kunkellehen versteht man ein Lehen, das auch die Frauen erbten. So heißt Kunkeladel Adel von mütterlicher Seite.“

Friedrich Carl, geboren 1734 in Georgental, wurde mit dem Rittergut Trautskirchen belehnt. Die Nachkommen dieser Linie wanderten Anfang des 19. Jahrhunderts, da sie den bayerischen Treueeid nicht leisten wollten, nach Schlesien aus, wo sie ihren königlich preußischen Vettern zum Teil in hohen Ämtern dienten.

Der jüngere Sohn Friedrich Ferdinand Ludwig, geboren 1748, wurde mit dem freigewordenen Rittergut Wald belehnt. Das Gut Wald ist bis zur Gegenwart im Besitz der fränkischen Freiherren von Falkenhausen geblieben.

Im Jahr 1751 zog Elisabeth nach Wald um. Sie verstarb dort kurz nach Markgraf Carl 1757 am 5. Oktober und wurde „mit allen Ehren einer adeligen Dame in der Familiengruft zu Wald beigesetzt.“

Wie kam nun Markgraf Carl zu seinem Beinamen „der Wilde“? „Eine Fülle von Anekdoten und Sagen befasst sich mit Carl Wilhelm Friedrich. Manche von ihnen entbehren des sachlichen Kerns, sind frei erfunden. Die Mehrzahl der Geschichten und Geschichtchen um den vorletzten Ansbacher Markgrafen reflektiert freilich einen unbestreitbaren Sachverhalt: Carl Wilhelm Friedrich reagierte erbittert und jähzornig, manchmal auch ungerecht und grausam, wenn seine geradezu unglaubliche, vielleicht elitär motivierte Jagdleidenschaft gestört, vor allem aber, wenn das Treueverhältnis zu ihm gebrochen wurde.“

„Eine Tendenzliteratur des 19. Jahrhunderts hat das übrige getan, um das Bild des Herrschers zu verzerren. Vor allem der berüchtigte Ritter von Lang hat eine ganze Sammlung von Übeltaten zusammengestellt.“ Darin werden einseitig die Schwächen eines absolutistischen Herrschers bloßgestellt. Die Wahrheit liegt wohl, wie meistens, in der Mitte. „Er war ein barocker Titan, der nur aus dem Geist seiner Zeit zu verstehen ist und nicht mit den Maßnahmen unserer Epoche gemessen werden kann. Die ungebändigte Wildheit war nur ein Teil seines Charakters, die geprägt war von Unbeherrschtheit, Jähzorn und Leidenschaftlichkeit. Die andere Wesensseite zeugte von Großzügigkeit und hohem Interesse an Kunst und Wissenschaft.“ Zahlreiche schöne Gebäude, die unter seiner Herrschaft geschaffen und gefördert wurden, vor allem die vielen Kirchen, geben ein heute noch sichtbares Zeugnis davon.

Nach dem Ableben von Markgraf Carl Wilhelm Friedrich übernahm dessen Sohn Alexander die Regentschaft des Fürstentums Brandenburg-Ansbach und später nach dem Aussterben der Bayreuther Linie der Hohenzollern auch noch deren Fürstentum. Alexander war mit dem englischen Königshaus nah verwandt. Die Schwester seines Großvaters Wilhelm Friedrich, Caroline von Brandenburg-Ansbach, war die Frau des englischen Königs Georg II. Wegen ihrer Beliebtheit beim englischen Volk ist sie heute noch als „good Queen Caroline“ in England bekannt. Deren Sohn König Georg III. von England bat seinen Neffen Alexander, ihn im Kampf gegen die aufbegehrenden Kolonisten in Amerika unter George Washington zu unterstützen. Alexander kam dem Wunsch seines Onkels nach und schickte 2354 ansbachisch-bayreuthische Soldaten als sogenannte Subsidientruppen nach Amerika. Dieser sogenannte Soldatenhandel wird oft sehr negativ beurteilt. Golo Mann sagte in diesem Zusammenhang in einem Vortrag: „Wir müssen alle Vergangenheit aus sich selber heraus verstehen und haben kein Recht, ihr gegenüber die moralischen Maßstäbe unserer Zeit anzuwenden.“

Was hat dies alles mit Wald zu tun? Eigentlich sehr viel, denn der Oberkommandierende der fränkischen Subsidientruppen in Amerika war ein Walder, jedenfalls nach der Rückkehr aus Amerika bis zu seinem Tod. Er lebte im heutigen Haus Nummer 26 am Ortseingang. Er starb in Wald am 14. Mai 1798. Ein Epitaph an der östlichen Kirchhofsmauer erinnert heute noch daran: „Hier schläft zum Künftigen Erwachen der weyland Reichs Frey Hochwohlgeborene Herr Friedrich August Freiherr Voit von Salzburg Sr. Koenigl. Mayested von Preußen General Major . . . in Americka machte er 7 Campagnen mit von 1777 bis 1784.“ Erhard Städtler schreibt über ihn: „Obrist des Bayreuther Regiments war zu Beginn des Feldzugs Reichsfreiherr August Valentin Voit von Salzburg aus dem alten fränkischen Rittergeschlecht, genannt nach der Salzburg bei Neustadt an der Saale. Als Ansbacher Grenadierhauptmann machte er im Reichsheere den Siebenjährigen Krieg mit. Nach Rückkehr des Obristen von Eyb übernahm er die Führung der markgräflichen Regimenter im amerikanischen Krieg.“

Einer der Offiziere des Obristen Voit war Leutnant Sophonias Ebenauer. Dieser tapfere Offizier mußte seinen Einsatz mit dem Leben bezahlen. Ihm wurde eine besondere Ehre zuteil: „Zu Leutnant Ebenauers Grab ließ sich auch General Washington führen, um dem tapferen Gegner seine Achtung zu zollen.“ Die Schwester dieses Leutnants Ebenauer war ebenfalls eine Walderin. „Die Schwester des Sophonias hatte schon Jahre vor dessen Ausmarsch auf Wunsch des Markgrafen Karl Alexander dessen Halbbruder geheiratet und war dadurch Freifrau von Falkenhausen geworden (verheiratet etwa 1773).“ Man kann sich gut vorstellen, dass die Anwesenheit des Voit von Salzburg in Wald mit der amerikanischen Kriegskameradschaft mit Leutnant Ebenauer zu tun hat, insbesondere deshalb, weil die Hausnummer 26 als Jägermeisterhaus im Besitz der Falkenhausenschen Familie war.

Da Markgraf Alexander kinderlos blieb, trat er nach 35 Jahren der Regentschaft beide Fürstentümer vorzeitig an seinen preußischen Verwandten König Friedrich Wilhelm II. ab. Nach den Hausverträgen wären sie ohnedies an die preußische Linie gefallen. Dies alles bedeutete für Wald keine große Veränderung und unter der Regentschaft des Freiherrn von Hardenberg, der ja in nächster Nachbarschaft im Schloß Altenmuhr residierte, gedieh das Land sehr gut. „Die fränkischen Fürstentümer bieten nach allen Richtungen ein Bild der Blüte und der Wohlhabenheit“, konnte Minister von Hardenberg an den preußischen König 1797 berichten.